Tag 2

Von Newquay nach Perranporth

Der nächste Morgen bescherte das zweite Englische Frühstück: Ei (gekocht), so komische Maggi-Würstchen, Bohnen, Speck, knatschiger Toast mit bitterer Orangenmarmelade und einem Müsli vorweg. Ich hab soviel gegessen, wie nur rein ging -muss ja ne Weile halten- hab mir dann noch drei Äpfel plus ein paar Riegel in der Stadt gekauft und mich dann auf den Weg gemacht. Und warum sollt's auch anders sein: es regnete. Der "für-Brillenträger-schlimmste"-Regen...fisselig mit Wind von vorne - egal, Hauptsache Laufen :-) die Regenjacke und die Rucksackhülle waren schnell ausgepackt und so ging's durch Newquay die nächste Landzunge entlang. Dort, wo das Surferfestival stattfand - überall standen Bullis in den buntesten Farben rum, alles voller Surfbretter und vor allem lauter Surferhasen...machte die trostlose Nieselwetter-Vorstadt-Aussicht dann doch zeitweise hübsch ;-) Im Zickzack verlief der Weg durch die Vorstadt bis zu einer Flussmündung, zu der es ganz ordentlich den Hügel runterging. Normalerweise muss man hier für 3 Pfund ne Fähre (naja, den Begriff hat das Ruderboot jetzt eigentlich nicht verdient) auf die andere Seite nehmen - wenn nicht grad Ebbe ist. Bei mir war Ebbe und ich konnt ohne das Geld ausgeben zu müssen auf die andere Seite über Bohlen mitten durch den Fluss laufen. Äußerst komisches Gefühl wohlgemerkt.

Jetzt querte der Weg eine riesige Dünenlandschaft. Es ging rauf und runter über Sandhügel (d.h. zwei Schritte vorwärts, einen zurück), die teilweise mit diesem ganz schön hartem und scharfkantigem Küstengras bewachsen waren. Ab und zu musste ich durch Zäune mit kleinen Holztoren durch. Dort wurde mit Schildern vor in der Sonne liegenden Kreuzottern gewarnt. Ha, was ein Glück hatte ich nur...wo keine Sonne, da auch keine Ottern...! Der Regen wurde mittlerweile durch den aufkommenden Wind mit der Gischt vom Meer vermischt - ein Super-Kombi für Brillenträger! Hübsch war's trotzdem und lauftechnisch von der Temperatur her sehr angenehm. Der Weg wurde immer schmaler, folgte eigentlich stetig der Küstenlinie meist im Abstand von einigen Metern von der Abbruchkante der Steilküste entfernt. Nach dem x-ten Mal runter und wieder rauf, stand ich plötzlich vor einem meterhohen Zaun mit großen "Keep out" Schildern - ich war an einem Militärgelände angekommen. Laut Karte ging der Weg genau zwischen Meer und Zaun hindurch. So war's dann auch - was auf der Karte nicht zu sehen gewesen ist, dass der Weg eigentlich auf der Abbruchkante entlang ging und der Hang oberhalb der Kante so eine Neigung hatte, dass ich aufrechtstehend meine linke Hand am Boden entlang fahren konnte! Das Ganze bei super griffigem sandigem Untergrund, einer perfekten Sicht durch meine salzig nasse Brille und der Option sich ja zur Not am äußerst festsitzendem Küstengras festhalten zu können, brachte meinen Adrenalinspiegel ordentlich in Wallung. Meine Herren, ging mir der Stift! Nachdem ich die etwa 200 Meter geschafft hatte, musste ich selbst über mich lachen - da fährt man nach England an die Küste, um sich das erste Mal im Leben vor Höhenangst fast in die Hose zu machen! 

Nun musste mein Schokoriegel herhalten :-) nach ner kleinen Pause nahm ich den Rest des Weges für den zweiten Tag in Angriff. Viel war's nicht mehr bis zum Strand von Perranporth. Der erstreckte sich knapp über 3 km bis hin zu meiner Unterkunft - dem Ponsmere Hotel. Auf Sand lief es sich total besch… , deshalb zog ich meine Schuhe aus und es ging barfuß weiter. Trotz Sichtdistanz zu dem überaus "hübschen" 80iger Jahre Hotel-Beton-Bau und der Kleinstadt dahinter, brauchte ich für den Strandabschnitt fast noch eineinhalb Stunden. Im Sand zu laufen ist eeecht anstrengend! Leider hatte ich nichts anderes gefunden, als dieses Hotel - für knappe 80 Pfund inklusive Frühstück sollte das Zimmer einiges an Komfort haben....weiiiiit gefehlt, sehr weit sogar. Die Dame an der Rezeption schickte mich wieder nach draußen, um die Ecke rum zu einem Container-Anbau. Und dort war mein Zimmer! Dusche, Bett, Wasserkocher und sogar ein Schuhtrockner waren da - ausreichend, wenn mir da nicht ständig die vielen Pfund, die das Ding gekostet hatte, durch den Kopf gegangen wären. Nach einer ausgiebigen heißen Dusche latschte ich einen Runde durch's Städtle und an den Strand. Die nahenden schwarzen Wolken und der dicke Regen machten dem Spaziergang dann schnell ein Ende und ich verbrachte den Abend bei Free WiFi und kostenlosem heißem Tee in der Hotel-Lobby. Essenstechnisch war mir nach nix mehr, deshalb fiel das an dem Tag aus - nach knappen 2l Tee auch kein Wunder (...musste die 80 Pfund ja irgendwie wieder rein holen).